Eisberg: Digitale Euro

Vor ein paar Jahren, zum Abschluss meiner Ausbildung an der Kölner Journalistenschule, war ich für ein Praktikum in Hamburg beim Spiegel. Es waren die letzten Wochen des Chefredakteurs Wolfgang Büchner, die ich miterleben durfte. In manchen Ressorts lag der Schampus bereits über Wochen im Kühlschrank für den Tag seiner Abberufung. Sein progressiver, selten gut abgestimmter und manchmal auch nicht sonderlich überzeugender Digitalkurs hat – einmal abgesehen von den Onlinern – das ganze Haus gegen ihn aufgebracht. Ich erinnere mich noch gut an eins seiner ambitionierten Vorhaben, mit dem er reüssieren wollte: das „Projekt Eisberg“, das Interviews in Gesamtlänge, eingescannte Dokumente, Fotos und Videomaterial eines jeden Spiegel-Textes für die Leser*innen zugänglich machen sollte. Also alles, was sonst wie der Rumpf des Eisberges verborgen bleibt. Theoretisch eine verlockende Idee – praktisch aber ein ungeheurer Arbeitsaufwand, der recht wenig Mehrwert liefert. Ja, Leser*innen wollen Transparenz. Aber sie sind sicherlich auch froh, sich gerade nicht durch den Wust an Informationen durchwühlen zu müssen. Darin besteht ja gerade die Dienstleistung von uns Journalist*innen.

Im Kleinen mag ich die Idee aber auch heute noch, deshalb hier eine ganz und gar unambitionierte Übersicht über ein paar der öffentlich zugänglichen Quellen, die in einen Text über den digitalen Euro geflossen sind, veröffentlich beim Tech-Magazin t3n (Update: mittlerweile auch online)

  • Der „Report on a digital Euro“ ist das offizielle Dokument der EZB, in dem die verschiedene Szenarien durchexerziert werden, die nun zur Diskussion gestellt sind.
  • Die Deutsche Kreditwirtschaft, der Verband der Banken, hat eine umfassende Stellungnahme veröffentlicht, die die Sicht der Privatwirtschaft verdeutlicht.

Und ja, ihr seht es richtig: Es fehlt eine tiefgreifende und schlagkräftige Perspektive der zivilgesellschaftlichen Gruppen. Sie sind late to the party. Hoffentlich nicht zu spät.

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Afrika in der Schuldenfalle?

Droht Afrika eine Schuldenkrise, die absichtlich von China konstruiert wurde, um geopolitische Ambitionen durchzusetzen? Tatsächlich ist die Verschuldung auf dem afrikanischen Kontinent in den vergangenen Jahren gestiegen. Doch ist China dabei meist nur ein Kreditgeber unter vielen. Wer wie die USA allein China die Verantwortung für wachsende Verbindlichkeiten zuschiebt, setzt sich daher dem Verdacht aus, nicht als Fürsprecher Afrikas zu handeln, sondern ganz gezielt eine eigene politische Agenda zu verfolgen. Im Falle der USA ist es der offensichtliche Versuch,
Chinas wachsenden Einfluss auf und in Afrika zu kontern. Deshalb zeigt die
Debatte über die Schuldenfalle auch eine weitere Facette des Machtkampfes
zwischen den beiden rivalisierenden Supermächten.

Nachzulesen in der März-Ausgabe der Blätter für deutsche und internationale Politik.

Im Kongo pfeifen Entwicklungshelfer auf den Pressekodex

Ich war im Rahmen meines Praxissemester beim Pole Institute im Kongo, dort vor allem eingespannt in die Arbeit des lokalen Radiosenders Pole FM. Das Institut hat seinen Sitz in Goma, im Osten des Landes. Ich müsste an dieser Stelle zu weit ausholen, um die komplexen Konflikte zu erklären, die in den letzten Jahrzehnten mehrere Millionen Tote gefordert haben. Nur so viel: Vor diesem Hintergrund ist eine Friedensmission der Vereinten Nationen (aka MONUSCO) vor Ort und zahlreiche internationale Organisationen, sowie Nichtregierungsorganisationen aus der ganzen Welt.

Wenn nun zum Beispiel die Weltbank eine neues Projekt startet –  beispielsweise eine Straße baut – ist sie auf gute Publicity angewiesen. Sie wird Verträge mit lokalen Radiosendern schließen, die Journalisten zu den Projekten schicken, um umfangreiche Reportagen darüber zu produzieren. Ganze Sondersendungen entstehen so, oft viele Folgen lang, häufig über mehrere Monate hinweg ausgestrahlt und wiederholt. In jenen sogenannten “Publireportagen” erzählen Anwohner, Politiker und Projektleiter, wie sich das Leben aller dank der Straße zum Guten verbessert hat. Negatives hat da keine Platz. Wie denn auch? Es handelt sich schließlich um Werbung, für die Organisationen tausende Dollar springen lassen.

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Ein Genozid, der nicht ausgesprochen wird

Neulich habe ich das Buch „Die Deutschen und ihre Kolonien: ein Überblick“ gelesen. Es wollte so gar nicht zu den Eindrücken passen, die mir damals im Geschichtsunterricht vermittelt wurden. Zu vernachlässigen sei der deutsche Kolonialismus, insbesondere im Vergleich zu dem Gebaren anderer europäischer Mächte, hieß es dort. Ein erster Blick auf die nackten Zahlen mag das bestätigen. Aber das rechtfertigt doch nicht, Schülern so wenig über den Völkermord an den Herero und Nama im heutigen Namibia zu vermitteln – oder den Tod von 300000 (!) Menschen im damaligen Deutsch-Ostafrika in Folge des Maji-Maji-Aufstands auszublenden. Zugegeben, es ist fast zehn Jahre her, dass ich in der Oberstufe war. Also habe ich einen Blick in ein paar Schulbücher in der Kölner Stadtbibliothek geworfen. Weiterlesen

5 Dinge, die bei den Afrika-Berichten der Neurechten auffallen

Ich habe ein paar Google-Alerts für Themen eingestellt, die ich verfolge. Das lässt einen kurz aus der eigenen Filterblase heraus blicken. Bisher habe ich auf Links von RT Deutsch, Sputnik und die anderen Angebote rechter News-Seiten nicht geklickt. Moment, irgendjemand muss das schließlich lesen, dachte ich mir. Deshalb habe ich mich einmal in aller Ruhe (die sich dabei bewahren lässt) auf den Seiten umgeschaut – und mir auch Tichys Einblick, Junge Freiheit, Epoch Times und Compact angesehen . Immer hinsichtlich ihrer Afrika-Berichterstattung.

Diese fünf Dinge sind mir dabei aufgefallen: Weiterlesen

Afrika und die Wahl: Wie die AfD mit schiefen Zahlen Stimmung macht

Ich erinnere mich noch daran, wie die Alternative für Deutschland (AfD) bei der vergangenen Bundestagswahl für ihr schmales Wahlprogramm belächelt wurde. Dieses Jahr sind es nicht mehr nur 13, sondern 76 Seiten, die sie vorlegt. Afrika erwähnte die Partei damals mit keinem Wort; nun bereits 11 Mal. Und das ist alles andere als eine gute Nachricht.

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Replik: Afrika braucht nicht noch mehr Halbwahrheiten

Unter einer Voraussetzung hat Jochen Bittner gar nicht mal so Unrecht hat mit dem Kommentar, den er in der Zeit verfasst hat. Würden wir uns noch im vergangenen Jahrhundert  befinden, hätte sein Plädoyer „Afrika braucht mehr Kapitalismus“ durchaus ein paar berechtigte Vorschläge für eine Neuausrichtung der Entwicklungshilfe zu bieten. Nur: Die hat es in der Zwischenzeit längst gegeben. Derlei pauschales Bashing der Entwicklungszusammenarbeit ist leider nicht nur falsch, sondern auch gefährlich. Weiterlesen