# 07 Zu früh gefreut

Frankreich hat gewählt. Und damit auch über die zukünftige Afrikapolitik des Landes entschieden. Im Vergleich zu Deutschland spielt der Nachbarkontinent in französischen Wahlkämpfen eine viel größere Rolle. So reiste Emmanuel Macron jüngst nach Algerien und Marie le Pen in den Tschad.

Der Grund für das Interesse liegt an der kolonialen Vergangenheit. Bis heute streitet das Land, wie das Verhältnis zu den ehemaligen Kolonien gestaltet werden soll. Ein Sturm der Empörung brach los, als sich Macron Anfang des Jahres reuevoll bezüglich Algerien äußerte: „Die Kolonialisierung ist Teil der französischen Geschichte. Sie ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, eine wahre Barbarei. Diesem Teil der Vergangenheit muss man sich stellen und sich bei denen entschuldigen, denen wir das angetan haben.“

Marie le Pen sieht das erwartungsgemäß anders: “Frankreich muss sich für diese Zeit nicht entschuldigen”, sagte sie der Tageszeitung le Monde. Bei ihren rassistischen Äußerungen und dem offen zur Schau gestellten Nationalismus könnten man meinen, dass mit der Wahl Macrons nun eine gänzlich andere und desaströse Afrikapolitik vermieden worden wäre.

Ein genauer Blick zeigt jedoch: Abgesehen von der Wortwahl sind die Unterschiede zwischen den beiden nicht sonderlich groß. Nachzulesen ist das in einem aufschlussreichen Frage-Antwort-Katalog, den le Monde mit allen Kandidaten der ersten Wahlrunde erarbeitet hat. Sowohl le Pen als auch Macron bekennen sich zu dem Ziel, die Entwicklungshilfe auf 0.7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Beide lehnen weder Militärbasen noch französische Einsätze grundsätzlich ab, mit denen der Terrorismus bekämpft werden soll. Und beide dreschen die üblichen Phrasen über den Chancenkontinent.

Die Unterschiede liegen vielmehr in der Innenpolitik gegenüber afrikanischen Migranten. “Ich bin gegen die doppelte Staatsbürgerschaft außerhalb Europas, weshalb ich die Frage nach der Entscheidung für eine Nationalität stelle”, sagte sie beispielsweise in einem Interview mit France Deux

Zwar sorgte die Wahl des Europa-Enthusiasten Macron vielerorts für Erleichterung. Ignacio Villalón argumentiert jedoch bei Africa is a Country, weshalb das für viele Menschen in Afrika alles andere als zutreffen würde: Wahrscheinlich sei, dass Macron Europas Handelspolitik fortsetzen wird. Insbesondere die auf Subventionen gestützte Agrarpolitik habe jedoch katastrophale Auswirkungen für den afrikanischen Kontinent.

Ach, und Macron hat so etwas wie einen “Marshallplan mit Afrika” in petto. Nur, dass sein “partenariat ambitieux” noch vager als das des deutschen Entwicklungsministers bleibt.

Und sonst so? Eine kleine Auswahl:

Die Textilindustrie Ugandas will die Billiglohnländer Asiens unterbieten und lockt den deutschen Online-Händler Bonprix ins Land (The Economist)

Die Bedingungen in libyschen „Detention Centern“ sind so fürchterlich, dass die disktuierten Rückkehrzentren nur mit dem Bruch von Menschenrechten zu haben sind (Deutschlandfunk)

Das Video über die Suche nach Joseph Kony ging erst viral, dann interessierte sich niemand für den ambitionierten Kampf gegen den berüchtigten Rebellenführer (Foreign Policy) 

Beim Auftritt der deutschen Bundesregierung beim World Economic Forum in Africa zeigt sich, dass die neuen Afrika-Initiativen gut gemeint, aber schlecht koordiniert sind (Handelsblatt/€)

Warum also sind arme Länder arm – und reiche Länder reich? Mark Schieritz versucht der Frage am Beispiel der Zentralafrikanischen Republik nachzugehen (Die Zeit)

Ich arbeite an einem Newsletter über das Verhältnis zwischen Deutschland und Afrika. Dies ist also eine Art Beta-Version. Noch ist offen, ob es ein wöchentlicher Kommentar, eine thematische Medienschau oder ein lose Linkliste wird – und wie sehr ich den Schwerpunkt auf wirtschaftliche Entwicklungen legen werde. Meinungen, anyone?

 

 

 

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