Es ist kein einfacher Job, in diesen Tagen für die Pressearbeit des Entwicklungsministers zuständig zu sein. Vergangene Woche ist Gerd Müller nach Äthiopien geflogen, wo er recht widersprüchliche Punkte auf der Agenda hatte. Einerseits sagte er in Äthiopien Hilfen wegen der Hungersnot zu, mit der das Land zu kämpfen hat. 100 Millionen hat der Minister für Ostafrika bereitgestellt, was wenig ist angesichts der vier Milliarden Euro, die eigentlich nötig wären.
Andererseits präsentierte Müller wieder einmal seinen Marshallplan für den „Chancen-Kontinent“. Um den mitreisenden Medien ein Beispiel zu liefern, besuchte die Delegation die Textilfabrik Jay Jay am Rande der Hauptstadt Addis Abeba. Dort haben 1700 Frauen einen Arbeitsplatz – laut Minister zu fairen Bedingungen. Das Unternehmen ist einer der Zulieferer für die Modekette H&M, die sich dem sogenannten „Bündnis für nachhaltige Textilien“ angeschlossen hat. Gegründet wurde dies im Jahr 2014 vom Entwicklungsminister, um gemeinsam mit Unternehmen und NGOs bessere Bedingungen in der Produktion umzusetzen. Mittlerweile sind selbst umstrittene Unternehmen wie Primark dabei. Doch erst im vergangenen Herbst konnten sich die beteiligten Unternehmen überhaupt dazu durchringen, sich jeweils selbst ein paar Ziele zu setzen und darüber Ende 2017 zu berichten. Feste Standards gibt es nicht.
Im Interview mit der Deutschen Welle sagt eine der Arbeiterinnen, dass ihr Lohn nicht zum Leben reiche: „Um die Miete zu bezahlen und die Familie zu versorgen, brauche ich doppelt so viel“. Als ich vor eineinhalb Jahren in Äthiopien über die Textilindustrie recherchiert habe, äußerte sich eine der Arbeiterinnen in einem Zulieferbetrieb von Tchibo ähnlich. Nach wie vor arbeiten die äthiopischen Textilfabriken weniger effizient als die asiatischen Konkurrenten. Höhere Löhne seien deshalb nicht drin, argumentieren die Fabrikbetreiber daher meist.
Für die Entwicklung Äthiopiens sind die Investitionen ein enormer Fortschritt. Die Frage ist jedoch, ob das wirklich als nachhaltig und fair vermittelt werden sollte. Barbara Meier, eine der vergangenen Gewinnerinnen von Germany’s Next Topmodel, wird bald das Gesicht einer Kampagne des Textilbündnisses sein. Sie ist mit dem Minister nach Äthiopien gereist: „Wenn wir ein T-Shirt für drei, vier Euro haben, kann das nicht fair sein“, plädiert sie gegenüber der Deutschen Welle für einen Bewusstseinswandel bei den Konsumenten. Etwas merkwürdig wirkt dies schon. Sie formuliert die Sätze ausgerechnet in einer Fabrik, die für H&M produziert. Der weltweite Erfolg der Modekette basiert auf dem Verkauf jener billigen Klamotten.
Hier noch ein paar Link-Tipps, die – mit einer Ausnahme – sogar umsonst zu haben sind:
Ich arbeite an einem Newsletter über das Verhältnis zwischen Deutschland und Afrika. Dies ist also eine Art Beta-Version. Noch ist offen, ob es ein wöchentlicher Kommentar, eine thematische Medienschau oder ein lose Linkliste wird – und wie sehr ich den Schwerpunkt auf wirtschaftliche Entwicklungen legen werde. Meinungen, anyone?