
Es ist soweit: Heute fliegen wir nach Ruanda. 20 Jahre nach dem Völkermord möchten wir wissen, wie es um die Versöhnung und den wirtschaftlichen Aufschwung in dem ostafrikanischen Land steht. Wir – das sind neun Kölner Journalistenschüler und Absolventen, die an einem Programm der DW Akademie teilnehmen
Ich wollte schon lange einmal nach Ruanda reisen. Spätestens seit dem ich mich in meiner LK-Facharbeit damit beschäftigt habe, wie hetzerische Radiostationen den Genozid gesteuert haben. Damals lag der grausame Mord an etwa 800 000 Menschen schon 14 Jahre zurück. Meine Arbeit endete mit optimistischen Worten, dem Lob Paul Kagames, einem Präsidenten, der innerhalb des traumatisierten Landes für Frieden gesorgt hatte.
Vor einem Jahr, als ich durch den Westen des Kongos gereist bin, in der Provinz Bas-Congo einen Freund besucht und in Kinshasa neue Freunde gefunden hatte, fiel der Name Kagame erneut. Allerdings sprach dort niemand vom Versöhner, wenn er die Nachrichten aus dem Osten des Landes kommentierte, in dem ein Krieg schwelt, in den auch das benachbarte Ruanda involviert ist.
In knapp zwei Wochen wird es genau 20 Jahre her sein, dass das Flugzeug Habyarimanas, dem damaligen Präsidenten abgeschossen wurde und am nächsten Morgen das durchorchestrierte Töten begann. Am 7. April 2014 wird das ostafrikanische Land diesem Genozid gedenken. Die Welt wird ihre Kameras noch einmal auf das Land richten und sich fragen, warum keine weiteren ethnischen Konflikte gewaltsam eskaliert sind und sich an das eigene Versprechen erinnern, dass die Welt bei derartigen Katastrophen nicht mehr tatenlos zusehen würde.
Wir werden dann in Ruanda sein. Wir – das sind vier Absolventen und fünf Studenten des Abschlussjahrgang der Kölner Journalistenschule, zu dem ja auch ich gehöre. Am 25. März setzen wir uns für die zweiwöchige Reise in den Flieger nach Kigali, der Hauptstadt Ruandas. Dort werden wir uns auch die meiste Zeit aufhalten, vor allem weil dort wirtschaftlich am meisten passiert. Denn das ist auch der Fokus, den die meisten von uns bei ihren Recherchen setzen werden. Zum einen wegen der ökonomischen Ausrichtung unserer Ausbildung. Zum anderen aber, weil Ruanda eine spannende wirtschaftliche Performance abgeliefert hat.

Die Korruption wurde erfolgreich bekämpft. Das Wirtschaftswachstum betrug 2012 rund 7,8 Prozent und der Dienstleistungssektor hat mit über 50 Prozent die Landwirtschaft überholt. Kagames „Vision 2020“ sieht vor, dass Ruanda das Bruttoinlandsprodukt vervierfacht und auf den Status eines „Middle-Income-Country“ anhebt. Hinter den Zahlen verbergen sich viele spannende Themen über ambitionierte Unternehmer, ausländische Investoren, innovative Technologien und erfolgreiche Beispiele wirtschaftlicher Zusammenarbeit – aber auch über die Herausforderungen, die das an ein Land stellt, in dem immer noch zwei Drittel der Bevölkerung in extremer Armut leben. So, und mehr behalten wir erst einmal für uns.
Dafür folgt eine Erklärung, wie die Reise zustande kam: Ende vergangen Jahres hatte uns die Akademie der Deutschen Welle ein Programm vorgestellt: „Beyond Your World“. Sie unterstützen Nachwuchsjournalisten organisatorisch, fachlich und finanziell dabei, eine etwa zweiwöchige Recherchereise in ein Entwicklungsland auf die Beine zu stellen. Neulich sind niederländische Studenten in die Slums nach Nairobi, eine Gruppe Briten ins Südafrikanische Johannesburg und anlässlich der anstehenden Fußball-WM ist ein europäisches Team nach Brasilien gereist. Darunter auch Greta Hamann, die einige ihrer Eindrücke in ihrem Blog teilt. Eine Auswahl der Geschichten erscheint schließlich immer im Join Magazine.
Was für ein Chance, dachten wir uns damals. Wir setzen uns in einem WG-Wohnzimmer bei ein paar Gläsern Rotwein zusammen, diskutierten mögliche Ziele und einigten uns auf Ruanda. Wir holten uns Absolventen ins Boot, mit denen wir dann an einem Exposé werkelten, das schließlich angenommen wurde.
Jetzt, vier Monate später, ist es soweit. Wir fliegen nach Ruanda.
„Beyond Your World“ ist nicht das einzige Programm, dass es jungen Journalisten ermöglicht, sich auf Reisen zu begeben, die im Alleingang schwer oder gar nicht zu stemmen sind. Die Erfahrungen und Begegnungen führen nicht nur zu spannenden Geschichten in deutschen Medien. Kontakte, Toleranz und Verständnis für anderen Kulturen sind auch wichtig für die zukünftige Arbeit. Helft mir gerne dabei, eine Liste ähnlicher Programme und Stipendien zu erstellen. Ein paar habe ich schon eingetragen. Hier im Blog werde ich sie dann ausführlicher vorstellen – nach der Reise.